Spiegeltherapie

Gehirn_Nerven_swFür unser Wissensmagazin planen wir aktuell eine Sendung zum Thema „Schlaganfall“. Bei der Recherche nach Therapieansätzen findet man den Ansatz „Spiegeltherapie“. Obwohl man über Schlaganfall recherchiert kommt auch immer wieder Multiple Sklerose in diesem Zusammenhang. Von Spiegeltherapie habe ich schon am Rande gehört, mich aber nie damit beschäftigt. Ein Grund, sich jetzt mehr darüber zu erkundigen.

Unser Gehirn besteht aus Milliarden von Nervenzellen. Jeder Teil im Gehirn übernimmt dabei eine bestimmte Funktion. Darum nennt man Multiple Sklerose auch die Krankheit mit den tausend Gesichtern, weil es immer davon abhängt, wo sich die Entzündungsherde befinden und dementsprechend auch die Ausfälle herrühren. Wissenschaftler haben herausgefunden, dass für das Wiedererlernen von Bewegungen bestimmte Nervenzellen verantwortlich sind. Genau diese Nervenzellen nennt man Spiegelneuronen. Das funktioniert nicht nur, wenn wir selbst eine Tätigkeit ausführen, sondern auch, wenn wir beobachten. Das kann man bei Babys sehr gut beobachten. In diesem Zusammenhang fällt mir ein Beitrag ein, den ich vor Jahren bei YouTube gesehen habe, aber leider nicht wiederfinde. Niemand schafft es, einem Jungen das Fahrradfahren beizubringen. Also wird er kurzerhand in den Park auf eine Bank gesetzt wo er Fahrradfahrer beobachten kann, die an dieser Bank vorbeifahren. Ich weiß nicht mehr wie lang das Experiment ging, aber auf alle Fälle setzte sich der Junge danach auf sein Fahrrad und fuhr einfach los.

Das gleiche Phänomen hatte ich auch bereits bei mir bemerkt. Wenn Menschen vor mir laufen, suche ich mir eine Person raus, schaue ihr auf die Beine/auf die Laufbewegung und kann plötzlich besser laufen. Das hält meistens zwei Minuten an, dann werde ich durch Bewegungswechsel der Person oder auch durch andere Personen im Umkreis aus meinem Gleichgewicht gebracht und der Effekt ist vorbei. Meine liebe Studienfreundin Yvonne, die heute Filmemacherin ist, erstellt mir grad ein Gehen-Video. Sobald ich dies habe stelle ich es hier auf diese Seite. [Nachtrag vom 06.04.2015: das Video steht jetzt auf meiner Seite in meinem neuen Artikel „Beobachten und lernen“.

Wie funktioniert das? Fragt sich auch die Ergotherapie-Praxis Wißner. Es wird in der Spiegeltherapie versucht, durch aktive oder passive Aktionen die geschädigten Nervenleitungen zu aktivieren bzw. alte Leitungen umzuprogrammieren. Bewegungen des nicht-betroffenen Beines zum Beispiel werden über einen Spiegel als eine Bewegung des betroffenen Beines wahrgenommen. Die andere Hirnhälfte wird durch die Spiegelung aktiviert (nach Dohle, 2004). Eine kleine Anleitung, wie das Spiegeltherapie-Prinzip funktioniert fand ich bei der Ergotherapie Werner. Das Wort Bein kann natürlich durch jede andere Extremität ersetzt werden. Bei mir sind es Bein und Fuß, die betroffen sind. Ich benutze hier als Wortbeispiel „Bein“.

  • in der Körpermitte platziert man einen Spiegel
  • das betroffene Bein liegt hinter der Spiegelfläche (ist verdeckt)
  • ein Blick in den Spiegel zeigt das Spiegelbild des gesunden Beines, im Gehirn ist es das das andere (eingeschränkte) Bein
  • man bewegt das gesunde Bein, macht verschiedene Übungen
  • die Spiegelung suggeriert, das andere Bein kann die Übung genauso gut

Dieses Können des Gehirns wird auch als Anlage/Verankerung verstanden und als Körperschema bezeichnet. Unsere täglichen Bewegungen, sowie das Empfinden einzelner Körperteile wird durch das Körperschema unterstützt und kann sich schnell veränderten Bedingungen anpassen. So kann es auch passieren, dass das zuständige Gebiet für ein bestimmtes Körperteil im Gehirn schrumpft. Daraus resultiert, dass die Betroffenen diese Körperregion schlechter wahrnehmen. Dann kommt die Spiegeltherapie ins Spiel. Sie kann dazu beitragen dieses Körperschema zu verbessern.

Mit der Spiegeltherapie hat man gleichzeitig ein intensives Gehirntraining. Warum? Weil es sehr hohe Konzentration und Aufmerksamkeit erfordert. Je mehr man sich vorstellen kann, dass es sich im Spiegelbild um das betroffene Bein handelt, umso stärker wirkt die Therapie.

Laut einiger Ergotherapie Praxen, die ich während meiner Recherche gefunden habe, können unter anderem Multiple Sklerose-Betroffene von einer Spiegeltherapie profitieren. Ich werde mich jetzt aktiv nach einer Praxis umsehen, die in meiner Nähe oder auch in Arbeitsplatznähe, eine solche Spiegeltherapie anbietet. Sollte ich nicht fündig werden, dann habe ich im Netz bereits eine PDF-Broschüre gefunden, eine Spiegeltherapie-Übungsanleitung von Andreas Rothgangel.

hier gehts zum Download der Übungsanleitung:

Broschüre_Anleitung_Spiegeltherapie

 

 

 

 

 

 

 

Es bleibt wie immer spannend, was alles möglich ist! 😀

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